Es ist 9:32 Uhr und das Thermometer meldet 48,2°C im Schatten.
Das Umweltbundesamt hat eine Wetterwarnung der Stufe 9 herausgegeben. Es wird vor über 60°C zwischen 12 und 16 Uhr gewarnt. Genauere Angaben sind zum momentanen Zeitpunkt aufgrund der wenig vorhersehbaren Lage nicht möglich.
Draußen hört man die Schreie der 24 Jährigen Sahra Rheineberg, deren Hitzeschutzanzug gerissen ist. Sie soll heute die einzige Tote in Peine in Niedersachsen bleiben. Ein vergleichsweise guter Tag.
Seit die letzten Mitglieder der „Letzten Generation“ vor 50 Jahren, im Jahr 2037, von wütenden Bürgern totgefahren wurden, hat sich die Lage doch deutlich zugespitzt.
Hätte die Gruppierung auf bessere Maßnahmen gesetzt, um auf die Klimakrise hinzuweisen, die Bürger zu informieren und die Politik zum Handeln zu bewegen, dann hätten wir dieses Dilemma heute eventuell nicht. Zumindest nicht im heutigen Ausmaß.
Doch dass die Bürger nur noch weniger Lust auf Umweltschutz bekommen, wenn sie unnötig in ihrem Alltag gestört werden, obwohl sie bereits alles tun was sie können, das war für die Gruppe wohl nicht ganz so offensichtlich wie für den Rest der Menschen.
Erst als 2052 die Lebensmittel begannen knapp zu werden, setzte sich eine tatsächliche erste Realisation fest. Ein erster Gedanke.
Als 2071 die meisten Städte, die nahe am Meeresspiegel lagen, geflutet und mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung aufgrund von Hunger, Durst oder Hitze gestorben waren, einigten sich die verbliebenen Länder der UN auf Klimaschutzmaßnahmen – Maßnahmen zum Schutz der Bürger vor dem momentanen und zukünftigen Klima.
Als 2078 der Antrag ED.1 auf Einbruchdiebstahl bei Supermärkten und der sogenannte Plünderungsparagraph eingeführt wurden, schien das Leben wieder etwas besser zu werden, trotz regelmäßiger Temperaturen über 45°C in Hitzewellen.
Wir hatten noch nicht begriffen, wie schnell und drastisch sich die Temperaturen nach oben entwickeln würden.
Heute können führende Wissenschaftler bereits bestätigen, dass Überleben auch 1,5 km unter der Erdoberfläche ab 2101 nicht mehr möglich sein wird, die Regierungen mit den Bunkerplänen daher ihr Geld verschwenden. In ihrer Verzweiflung führen sie die Pläne aber dennoch fort.
In der Wissenschaft ist man sich einig, dass spätestens 2120 das Überleben der Menschheit endet, bei weiteren Entwicklungen wie den momentanen schon früher.
Hätte man die klimatischen Bedenken früher ernst genommen, hätte Die Letzte Generation korrektere Maßnahmen ergriffen, hätte man früher radikaler eingegriffen: Wer weiß, was passieren hätte können, welche Welt wir erschaffen hätten können.
Dass Raketen nicht mehr wie erwartet funktionieren und durch die Temperaturen explodieren würden, bevor sie das All erreichen, das hatte aus unbekannten Gründen auch niemand erwartet.
Und so steht das Ende unserer Zivilisation für in spätestens 33 Jahren fest. Wir sind die tatsächlich letzte Generation.
Die Deutsche Bahn verschiebt den Deutschlandtakt derweil zum dritten Mal, auf das Jahr 2150.